KANZLEI
Rechtstipps
Datum: 29.01.2024
Übertragung der elterlichen Sorge auf ein Elternteil
|
Einmal verheiratete Eltern behalten nach der Trennung und auch nach der Scheidung das gemeinsame Sorgerecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder.
Kommt es dann wiederholt zu Meinungsverschiedenheiten in Erziehungsfragen wie bei wichtigen Schul- und Ausbildungsthemen, medizinischen Fragen wie Therapien,
heilpädagogische Förderungen, Ergotherapie, Impfungen o.ä. , kommt das Elternteil, in dessen Obhut das Kind lebt, häufig in meine Kanzlei und
möchte einen Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge beim Familiengericht stellen.
Ein Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge ist jedoch wegen des zu beachtenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur ultima ratio
und daher zumeist nicht erfolgverspre-chend. Dem Antrag eines Elternteils auf Übertragung der Alleinsorge für das gemeinsame Kind ist mit Rücksicht
auf den auch bei der Aufhebung der gemeinsamen Sorge zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz trotz Fehlens des für eine gemeinsame Ausübung
der elterlichen Sorge erforderlichen Mindestmaßes an Bereitschaft und Fähigkeit der Kindeseltern, miteinander zu kommunizieren und zu kooperieren,
im Einzelfall der Erfolg zu versagen, wenn der andere Elternteil ihn umfassend zur alleinigen Vertretung des Kindes in allen persönlichen und
vermögensrechtlichen Angelegenheiten bevollmächtigt (
),
OLG Bremen, Beschl. v. 7.9.2023 - 5 UF 13/23.
Eine umfassende Vollmacht für den betreuenden Elternteil ist gegenüber der Sorgerechtsübertragung das mildere Mittel. Gerne bin ich Ihnen
bei der Abfassung einer entsprechenden Vollmacht sowie auch in anderen familienrechtlichen Fragen behilflich.
|
|
|
Datum: 18.01.2023
Unterhalt für die Eltern
|
Wann müssen Kinder für ihre Eltern zahlen ?
Der Klassiker: ein Elternteil kommt in ein Pflegeheim und für die hierfür anfallenden Kosten reicht die Rente und das Pflegegeld nicht aus.
Zunächst muss sich der Ehegatte an den Kosten beteiligen, sofern ein solcher vorhanden und dieser darüber hinaus auch leistungsfähig ist.
Außerdem muss der zu Betreuende sein Vermögen einsetzen bis auf einen Schonbetrag von derzeit 5.000 Euro. Reicht auch das nicht aus,
trägt zunächst meist das Sozialamt die Restkosten. Dieses holt sich das Geld aber gerne zurück von Unterhaltspflichtigen.
Unterhaltspflichtig sind auch die Kinder, aber nur, wenn ihr Jahres-bruttoeinkommen aus sämtlichen Einkunftsarten zusammen über 100.000 Euro liegt.
In diesem Fall geht der Anspruch des Elternteils im Heim gegen sein Kind kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger über und zwar in der Höhe,
in der er im jeweiligen Jahr die Heimkosten getragen hat.
Der Sozialhilfeträger hat gegenüber den Kindern einen Auskunftsanspruch, wenn er hinreichende Anhaltspunkte für ein Jahresbruttoeinkommen
über 100.000 Euro hat. Dies ist z.B. bei bestimmten Berufsgruppen der Fall, die statistisch über ein hohes Einkommen verfügen.
Im Rahmen der Auskunft ist auch das Einkommen des Ehepartners anzugeben, obgleich dies dann beim Einkommen nicht hinzugerechnet wird.
Sind mehrere Kinder vorhanden, so haftet jedes für sich auf Elternunterhalt. Dies bedeutet, dass ein viel verdienendes Kind nicht das Defizit bei einem
wenig verdienenden auszugleichen hat.
Durch das Angehörigenentlastungsgesetz vom 10.12.2019 ist es nun allerdings so, dass die meisten Kinder für ihre Eltern nicht zur Kasse gebeten werden
können und auch keine Auskünfte zu ihrem Einkommen erteilen müssen.
|
|
|
Datum: 26.02.2021
Kindesunterhalt: was, wenn der Unterhaltsschuldner das Geld nicht hat ?
|
Bei minderjährigen Kindern, deren Eltern getrennt leben, erbringt der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, seinen Beitrag durch Pflege und
Erziehung. Der andere Elternteil - meist der Kindesvater - ist hingegen zum Barunterhalt verpflichtet. Beide Beiträge sieht der Gesetzgeber als gleichwertig an.
Die Höhe des zu zahlenden Barunterhalts richtet sich meist nach der Düsseldorfer Tabelle, und dabei nach dem Alter der Kindes und der Höhe des
Einkommens des Unterhaltsverpfichteten. Sowohl die Unterhaltsbeträge als auch das Kindergeld wurden im Januar 2021 angehoben. Soweit, so bekannt den meisten.
Vom Grundsatz her muss der Unterhaltspflichtige zumindest den Mindestunterhalt abzüglich des hälftigen Kindergeldes zahlen.
Schwierigkeiten bereiten jedoch häufig die Fälle, in denen dieser aufgrund von hohen Schulden tatsächlich nicht in der Lage ist,
überhaupt den Mindestunterhalt für sein Kind zu zahlen.
Es stellt sich hier die Frage, inwieweit Schulden zu berücksichtigen sind. Grundsätzlich ist es nicht so, dass das Kind dann automatisch leer ausgeht.
Zunächst werden grundsätzlich nur ehe- oder familienbezogene Schulden anerkannt; und dann in der Regel auch nur bis zur Höhe des pfändbaren Betrags
gem. § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO, wenn der Unterhaltsschuldner den Mindestunterhalt minderjähriger Kinder aus anderen Mitteln - wie Vermögen - nicht decken kann.
Derzeit liegt die Pfändungsfreigrenze des § 850c Abs. 1 S.2 ZPO bei EURO 930,-- monatlich. Erzielt der Unterhaltsschuldner z.B. ein bereinigtes Einkommen
von EURO 1.500,--, so können Schulden allenfalls in Höhe von EURO 570,-- anerkannt werden.
Mindestens bis zum Ende der Schulpflicht können Kinder nicht zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs beitragen, weswegen bis dahin im Allgemeinen wenigstens der
Mindestunterhalt zu zahlen ist, soweit dies nicht auf Kosten einer ständig weiter anwachsenden Verschuldung geschehen kann. Notfalls kann für den Unterhaltsschuldner
sogar die Obliegenheit bestehen, ein Verbraucherinsolvenzverfahren einzuleiten, BGH, XII ZB 613/16, Beschl. v. 22.05.2019.
Für weitere Fragen zum Unterhaltsrecht steht Ihnen die Verfasserin gerne persönlich zur Verfügung. Vereinbaren Sie bitte einen Termin!
|
|
|
Datum: 13.06.2019
Aufrechnung gegen Unterhaltsansprüche?
|
Bestimmte Einkünfte sind unpfändbar: monatlich 930 EUR des Arbeitseinkommens; Studienbeihilfen; Erwerbsunfähigkeitsrenten;
Witwen- und Waisenrenten; Unterhaltsrenten, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen u.v.m. Der Zweck des Pfändungsschutzes ist
die Existenzsicherung des Betroffenen (Schuldner) für den Fall, dass er von einem Dritten (Gläubiger) in Anspruch genommen wird.
Dieser Pfändungsschutz gilt somit auch für Personen, die vom Ehepartner (m/w) oder Kindsvater/-mutter oder Ex-Ehepartner
Trennungs-, Betreuungs- oder Geschiedenenunterhalt beziehen.
Kann nun der Unterhaltsschuldner (m/w), der gegen den Unterhaltsberechtigten (m/w) eine fällige Gegenforderung hat – z. B. aus einem
Darlehensvertrag – aufrechnen, d. h. einfach entsprechend weniger Unterhalt monatlich überweisen? Nein, dies ist nicht zulässig,
§ 394 BGB i.V.m. § 850 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem der Kindsvater verpflichtet gewesen wäre, Betreuungsunterhalt
für das gemeinsame Kind an die Kindsmutter zu zahlen; mit dieser war er nicht verheiratet. Vorher hatte er der Frau ein Darlehen
gewährt. Da der Mann den Betreuungsunterhalt nicht zahlte, sprang der Staat ein und erbrachte Sozialleistungen an die Frau.
Der Sozialhilfeträger verlangte später von dem Kindsvater die erbrachten Leistungen aus übergegangenem Recht zurück.
Dagegen wandte der Mann Aufrechnung mit seinem Darlehensanspruch gegen die Kindsmutter ein.
Auch hier entschied der BGH, dass eine Aufrechnung nicht zulässig ist. Der Pfändungsschutz diene nicht nur dem Existenzminimum
des Bedürftigen, sondern auch dem Schutz der öffentlichen Kassen, BGH, Beschluss vom 08.05.2013, XII ZB 192/11.
Falls Sie von einer Unterhaltskürzung durch den Unterhaltsschuldner betroffen sein sollten oder sonst Fragen in familienrechtlichen
Angelegenheiten haben, wenden Sie sich gerne an die Verfasserin.
|
|
|
Datum: 14.08.2018
Vorsicht vor Partnervermittlungsagenturen
|
Viele Menschen versuchen heute, die Liebe des Lebens über eine kommerzielle Partnervermittlungsagentur (PVA) zu finden.
Hier ist jedoch Vorsicht geboten, weil man als Kunde (m/w) weitgehend rechtlos dasteht.
Viele PVA schließen den Vertrag in einem Büro, oftmals ist dies ein kleines Zimmer in einer Wohnung.
So hat der Kunde - wenn er sich es anders überlegt - kein Widerrufsrecht, da es sich dann weder um einen Fernabsatzvertrag
noch ein sog. Haustürgeschäft handelt. Nach dem Vertrag schuldet die PVA dann zumeist, dem Kunden 5-6 Exposés von auf
dessen Profil zugeschnittenen und somit geeigneten Partnern zu liefern. Häufig ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen
der PVA geregelt, daß der Kunde das gesamte Honorar - dieses kann sich bei gehobeneren PVA auf einige Tausend Euro
bis zu 10 Tausend Euro belaufen - im Voraus zu entrichten hat. Nicht selten ist es so, daß der Kunde dann aber selbst
keine Möglichkeit hat, bei Interesse selbst mit dem vorgeschlagenen Kandidaten Kontakt aufzunehmen, sondern daß die
Kontaktanbahnung ausschließlich über die PVA erfolgt. Hat der Kunde nun im Voraus bezahlt und sodann die vereinbarten
meist völlig anonym gehaltenen Exposés erhalten und tut sich anschließend nichts, war es das. Man hat keine Möglichkeit
zu überprüfen, ob die Kandidaten im Exposé überhaupt real existieren bzw. nicht nur Karteileichen der PVA sind und
sein Geld zurückzubekommen. Für den Kunden ist es somit reine Vertrauenssache und dieses Vertrauen wird leider nur allzu
häufig enttäuscht.
So erst wieder entschieden durch das Oberlandesgericht München im Beschluss vom 02.08.2018, Az.: 7 U 1319/18.
Hier war eine Oberstudienrätin auf die hochkarätige Internet- und TV-Werbung einer PVA hereingefallen, die den Eindruck
erweckt,
zum Klientel dieser PVA würden ausschließlich Menschen der gehobenen Gesellschaftsschicht gehören. Beruflich stark
eingespannt und somit nur mit wenig Freizeit gesegnet, hoffte die Klägerin so einen geeigneten Partner zu finden,
wobei sie durchaus bereit war, dafür einen höheren Preis zu bezahlen. Die PVA, die international im Namen trägt,
besteht tatsächlich nur aus der Geschäftsführerin und einer Mitarbeiterin, welche als Berufsbezeichnung Partnervermittlerin
angibt. Der Vertrag wurde in einem kleinen Zimmer in einer Münchner Wohnung abgeschlossen; am Türschild stand nur der
Nachname der Geschäftsführerin der PVA. Das Honorar von über 7.000 Euro war gänzlich im Voraus fällig und wurde von
der Klägerin auch bezahlt. Die Klägerin erhielt ca. sechs Exposés von Herren aus dem gesamten Deutschland und aus österreich.
Obgleich sie fünf dieser Herren kennenlernen wollte, kam lediglich mit einem der Kontakt über die PVA zustande. Dieser
eine Herr äußerte bereits zu Beginn des Treffens, daß er kein
Interesse an der Klägerin hätte, da sie zu weit von ihm entfernt wohnte. Vieles deutete darauf hin, daß es sich bei
diesem Kandidaten um einen Alibimitarbeiter der PVA handelte.
Die Klägerin hielt das alles für Betrug und klagte auf Rückzahlung des Honorars. Sie wollte beweisen, daß
die PVA gar nicht in der Lage war, ihr geeignete Kandidaten zu vermitteln, sondern daß es sich
um fake candidats handelte. Fehlanzeige! Das OLG ließ eine Beweiserhebung mit Zeugeneinvernahme der Kunden der
PVA nicht zu. Der auf Partnervermittlungsverträge anwendbare §; 656 BGB lasse es nicht zu, daß die PVA ihre Kunden
offenbaren und diese vor Gericht aussagen müssen und zwar auch dann nicht, wenn der PVA Betrug vorgeworfen wird.
Sinngemäß sieht dies auch der Bundesgerichtshof so. Es sei für Kunden einer PVA zu peinlich, wenn diese sich outen
müßten im Zeugenstand vor Gericht und diese seien schützenswerter als die Klägerin, die sich durch die PVA betrogen
und um ihr Geld geprellt sieht.
Wegen dieser zweifelhaften Rechtsprechung empfiehlt die Verfasserin dringend, den Vertrag mit einer PVA
vor Abschluss anwaltlich prüfen zu lassen.
Gerne können Sie Frau Rechtsanwältin Ricarda Spiecker konsultieren.
|
|
|
Datum: 20.06.2018
Abgasskandal-Musterfeststellungsklage-Mediation: Was Sie jetzt tun müssen.
|
Der Diesel - Abgasskandal begann in 2015 bei VW und hat sich zwischenzeitlich auf mehrere Automodelle erstreckt.
Zuletzt wurde ein Top-Manager von Audi in Untersuchungshaft genommen. In vielen PKW-Modellen wurde bei Dieselmotoren
eine illegale Abschaltautomatik eingebaut, mit der die Emissionswerte manipuliert wurden. Das ist Betrug und stellt - wie mittlerweile
diverse Gerichte festgestellt haben - auch einen Sachmangel dar, der den Kunden zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.
Zum 01.11.2018 tritt das neue Gesetz für sog. Musterfeststellungsklagen (MFK) in Kraft. Die Frage ist, ob dies dem Verbraucher nützt.
Was sollen Betroffene nun tatsächlich tun? Aus Sicht der Rechtsanwaltskanzlei Spiecker sollten Sie wie folgt vorgehen:
1. Prüfen Sie - z. B. über Nachfrage beim Hersteller oder das Internet oder den ADAC -
ob Ihr Dieselfahrzeug betroffen ist.
2. Wenn dies der Fall ist, ist es ein VW? Wenn ja, droht Verjährung.
Verjährung bedeutet, daß Sie Ihren Anspruch nicht mehr durchsetzen können.
Da der Abgasskandal bei VW in 2015 bekannt wurde, verjähren diese Ansprüche gem.
§§ 438 Abs. 3, 195, 199 BGB am 31.12.2018. Das neue Gesetz zu MFK wird Ihnen
hier nicht mehr helfen können. Es tritt erst am 01.11.2018 in Kraft.
Ausserdem müßte ein Verbraucherschutzverband mit mindestens 350 Mitgliedern oder
ein Dachverband mit mindestens 10 Mitgliederverbänden sogleich eine MFK erheben.
Zudem kann nur geklagt werden, wenn sich mindestens 10 Verbraucher, die durch VW
geschädigt wurden, melden.
Und dann müssen sich noch mindestens 50 Geschädigte in ein Register
eingetragen haben, bevor der Prozess gegen VW eröffnet würde.
Fraglich ist schon, ob bis zum Verjährungseintritt überhaupt das Register
eingerichtet sein wird.
3. Betroffene Verbraucher mit einem VW sollten somit wegen der drohenden Verjährung
ihre Ansprüche noch bis Ende 2018 gegenüber VW geltend machen.
Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, wird Ihr Anwalt (m/w) gerne abklären,
ob diese die Deckung übernimmt.
4. Falls Ihr Dieselfahrzeug ein Audi, Seat, Skoda oder Porsche ist, dürfte Ende 2018 noch
nicht Schluss sein. Die 3-jährige Verjährungsfrist läuft
ab Kenntnis und bei anderen Fahrzeugen des VW-Konzerns wie den vorgenannten
sickert erst jetzt langsam durch, daß auch diese von dem Abgasskandal betroffen
sein könnten. Lassen Sie in diesem Fall anwaltlich die Verjährung prüfen.
5. Falls noch Zeit ist, kann überlegt werden, ob Sie sich evtl. an einer MFK beteiligen wollen.
Aus Sicht der Anwaltskanzlei Spiecker kann das Sinn machen, wenn Sie nicht
rechtsschutzversichert sind und die Kosten eines eigenen Klageverfahrens scheuen.
Das MFK - Verfahren ist für betroffene Verbraucher kostenfrei. Es kann auch dann in
Betracht kommen, wenn Sie abwarten können, da Sie sich bei MFK sicherlich auf eine
sehr lange Verfahrensdauer einstellen müssen.
Falls Sie sich in einer MFK als Betroffener registrieren lassen und nicht dann wieder zurücktreten, ist die in diesem Verfahren
ergehende Entscheidung für Sie bindend. Würde hier dann letztlich die Verantwortlichkeit bzw.
Schadensersatzpflicht des Autobauers festgestellt werden, müßten Sie anschließend Ihren daraus
resultierenden Anspruch selbst weiterverfolgen. Die Kanzlei Spiecker geht davon aus, daß hier jedoch dann in den meisten
Fällen eine außergerichtliche Einigung zu erzielen wäre und nicht (erneut) geklagt werden müßte.
Gerne ist Ihnen die Kanzlei Spiecker behilflich, insbesondere bei:
• Registrierung und Begleitung im Musterfeststellungsklageverfahren
• Außergerichtliche Vergleichsverhandlungen/Mediation zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche,
auch nach Abschluß eines Musterfeststellungsklageverfahrens
• Klage
|
|
|
Datum: 08.05.2018
Rückständiger Kindesunterhalt - Wann tritt Verwirkung ein ?
|
Der Bundesgerichshof (BGH) hatte in 2018 folgenden Fall zu entscheiden:
Die Beteiligten streiten um rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit vom Juli 2011
bis August 2013. Der Antragsteller ist der im Juni 1993 geborene Sohn des Antragsgegners.
Er lebte während des streitgegenständlichen Unterhaltszeitraums bei seiner Mutter und befand
sich in der allgemeinen Schulausbildung. Im Juli 2011 forderte der Sohn seinen Vater zur
Auskunftserteilung über deßen Einkommen auf, worauf der Vater die begehrte Auskunft erteilte.
Nachdem er vom Sohn über das Einkommen der Mutter informiert worden war, errechnete der
Vater im Oktober 2011 eine auf ihn entfallende Unterhaltsquote von 129 EUR. Er forderte
den Sohn zur Bestätigung auf, worauf dieser nicht reagierte. Der Vater zahlte sodann dreimal
140 EUR.
Erstmals im August 2013 bezifferte der Sohn seinen monatlichen Unterhaltsanspruch auf
205 EUR. Daraufhin wies der Vater die Unterhaltsforderung zurück
und verwies den Sohn auf den Klageweg.
Das Amtsgericht hatte den Vater antragsgemäß zur Zahlung eines Unterhaltsrückstands
von insgesamt 4.104 EUR nebst Zinsen verpflichtet. Auf Beschwerde des Vaters wies das OLG
den Antrag ab mit der Begründung, der Anspruch auf rückständigen Kindsunterhalt
sei verwirkt. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Sohnes führte bis auf einen
kleinen Teil zum Erfolg; BGH, Beschl. v. 31.01.2018 - XII ZB 133/17.
Entscheidend war, daß Verwirkung nicht nur das Zeitmoment, sondern auch das
Umstandsmoment verlangt. Es reicht somit nicht aus, daß der Unterhaltsgläubiger seinen
Anspruch eine Zeit lang nicht geltend gemacht hat. Wichtig ist auch, daß der
Unterhaltsschuldner auf Grund der Umstände darauf vertrauen durfte, daß die
Unterhaltsrückstände nicht mehr gezahlt werden müssen.
Diese Voraussetzung sah der BGH hier nicht erfüllt: Der Vater hatte selbst seine
Unterhaltsquote errechnet und auch drei Zahlungen geleistet. Somit konnte er nicht darauf
vertrauen, daß der Sohn nicht zu einer anderen Berechnung kommen würde und die
Differenzbeträge nicht geltend machen würde.
Unterhaltsberechnungen sind häufig sehr komplex und erfordern aufgrund der vielfältigen
Rechtssprechung detaillierte Rechtskenntnisse.
Die Verfasserin steht Ihnen gerne mit juristischem Rat in familienrechtlichen Angelegenheiten
und Unterhaltsberechnungen bundesweit zur Verfügung!
Rufen Sie einfach an!
|
|
|
Datum: 23.02.2018
Vertrauen ist gut - Ehevertrag ist besser?
|
Aus meiner Sicht ist es bedauerlich, daß Eheleute meist erst zu uns Anwälten kommen,
wenn “das Kind schon in den Brunnen gefallen ist „.
Wenn ein Partner aus der gemeinsamen Ehewohnung ausgezogen ist und die Ehe “zerrüttet„
ist - wie der Gesetzgeber sagt - fragen uns die Betroffenen um Rat, welche Ansprüche sie
nun gegen den anderen haben, auf welche juristischen Fallstricke sie achten müssen oder wie
sie die Scheidung einleiten können bzw. reagieren sollen, wenn vom anderen ein
entsprechender Antrag gestellt wird. Dann geht es zunächst meist um Unterhalt für die
gemeinsamen Kinder und Ehegattenunterhalt sowie Fragen, wo die Kinder künftig leben sollen
und wie der Umgang der Kinder mit dem anderen Elternteil zu regeln ist.
Im Rahmen des Scheidungsverfahrens ist dann meist auch der sog. Zugewinnausgleich durchzuführen.
Die Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Güterstand der Ehe; diese gilt, wenn die
Parteien sie nicht in einem notariellen Ehevertrag ausgeschlossen bzw. einen anderen
Güterstand vereinbart haben.
Beim Zugewinnausgleich ist der Vermögenszuwachs während der Ehe bei Mann und Frau zu
vergleichen und eine etwaige Differenz auszugleichen.
Anders ausgedrückt: der Gesetzgeber geht davon aus, daß das während der Ehe
erwirtschaftete Vermögen beiden Ehepartnern hälftig zusteht und entsprechend bei der
Scheidung zu teilen ist. So weit die Theorie.
Man kann sich aber nun gut vorstellen, wie immens schwierig es in der Praxis oft ist, nach
20 oder 30 Ehejahren rückwirkend Bilanz zu ziehen, was genau bei der Heirat da war, was mit
welchem Wert später z.B. durch Schenkung oder Erbschaft hinzukam und welche
Vermögenswerte zu welchen Werten bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages
auf beiden Seiten vorhanden sind.
Von sog. illoyalen Vermögensminderungen und Hausratsaufteilungen ganz zu schweigen.
Hier wird häufig viel und lange bei Gericht gestritten und am Ende entweder nach der
Beweislage entschieden oder ein Vergleich geschlossen.
Beides sind Kompromisse, um irgendwann den notwendigen Rechtsfrieden herstellen zu können.
Mindestens in Fällen, in denen eine Partei bereits bei der Heirat größere
Vermögenswerte wie Immobilien und/ oder Unternehmen besitzt und/oder ein Unternehmen
oder größere Vermögenswerte später hinzukommen, sollte ein notarieller
Ehevertrag geschlossen werden.
Auch der Notar führt dann eine rechtliche Beratung durch. Da der Notar jedoch von Berufs
wegen zur Neutralität verpflichtet ist, ersetzt er nicht die anwaltliche Beratung der Parteien.
Ein Anwalt ist ein Interessenvertreter seines Mandanten (m/w) und wird einen für diesen (m/w)
sinnvollen Ehevertrag erarbeiten, der sodann mit der anderen Partei abgestimmt und
schlußendlich vom Notar beurkundet wird.
Dies ist dringend zu empfehlen, wenn ein Ehepartner z. B. während der Ehe ein Unternehmen
aufgebaut hat.
Andernfalls droht bei Scheidung unter Umständen sogar die Zerschlagung der beruflichen Existenz.
Gerne steht Ihnen die Verfasserin bei der Erarbeitung von Ehe- und oder
Scheidungsvereinbarungen bundesweit zur Verfügung.
|
|
|
Datum: 29.01.2018
Umgang des Kindes mit seinen Großeltern
|
Großeltern haben ein Recht auf Umgang mit dem Enkel, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient, § 1685 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in einem Fall nun mit der Frage zu befassen, wann dies der Fall bzw. nicht der Fall ist. Im konkreten Fall
hatten die Eltern des Kindes, bei denen dieses lebt, den Kontakt zu den Großeltern mütterlicherseits abgebrochen, weil unter ihnen
Streit entstanden war. Hintergrund war eine zwischen den Eltern und Großeltern getroffene Vereinbarung, wonach die Großeltern ein
zinsloses Darlehen zu gewähren hatten und im Gegenzuge ihnen ein Umgangsrecht mit den Enkelkindern eingeräumt wurde.
Das Darlehen sollte sofort zur Rückzahlung fällig sein, sofern durch die Eltern das Umgangsrecht nicht mehr gewährt würde.
Nach drei Jahren lehnten die Eltern den Umgang mit den Großeltern, der auch in der Vergangenheit immer wieder Streitthema gewesen war, erneut ab.
Hintergrund war, daß den Eltern kurz zuvor ein Schreiben der Großeltern an das Jugendamt bekannt geworden war, in dem diese diverse Vorürfe
und Bedenken in Bezug auf die Erziehung der Kinder durch die leiblichen Eltern vorbringen.
Das Schreiben war betitelt: “ Vorfälle von seelischer Mißhandlung der Enkelkinder „.
Die Großeltern begehrten daraufhin beim zuständigen Amtsgericht (Familiengericht) Umgang mit ihren beiden Enkelkindern.
Das Amtsgericht wies den Antrag nach Anhörung des Verfahrensbeistands der Kinder, der Kinder selbst, der Eltern und der Großeltern
sowie nach Erholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Großeltern
wurde vom Oberlandesgericht ebenfalls zurückgewiesen.
Der BGH bestätigte diese Entscheidung nun und führte u.a. aus, daß der Umgang der Großeltern mit einem Enkelkind regelmäßig nicht
seinem Wohl dient, wenn die – einen solchen Umgang ablehnenden – Eltern und die Großeltern so zerstritten sind, daß das Kind bei
einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt geriete. Von Verfassungs wegen sei der Erziehungsvorrang den Eltern
zugewiesen, BGH, Beschl. v. 12.07.2017 – XII ZB 350/16.
Bei Umgangsfragen steht Ihnen die Verfasserin gerne mit Rat und Tat zur Seite.
|
|
|
Datum: 12.01.2018
Familienheim in Trennung und Scheidung
|
Häufiger Fall in meiner Kanzlei: Die Ehegatten sind hälftige Miteigentümer des von ihnen während der
Ehe bewohnten Hauses, d.h. sie sind beide zur Hälfte im Grundbuch eingetragen. Zu dessen Finanzierung haben sie
gemeinsam ein Darlehen aufgenommen, für das sie als Gesamtschuldner haften. Es kommt zur Trennung und der Mann zieht aus.
Die Frau bleibt mit den gemeinsamen minderjährigen Kindern im Haus wohnen. Der Mann zahlt weiterhin wie früher
die Kosten für das Haus und bedient auch das Darlehen allein. Wie geht es weiter?
Hier kommt es darauf an, was die Parteien wollen. Auch wenn sie es bei dieser Wohnsituation für die Zukunft belassen
wollen, sollten sie das Finanzielle schriftlich regeln. Der Mann hat an die Frau für die Kinder Barunterhalt
nach der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen; je nach den Einkommensverhältnissen hat der Mann evtl. überdies
der Frau Trennungsunterhalt zu zahlen. Andererseits stellt auch die Übernahme der laufenden Kosten des Hauses
Unterhaltszahlungen an Frau und Kinder dar; die hälftige Darlehensrate ist faktisch ebenfalls Unterhalt an die Frau.
Für die andere Miteigentumshälfte am Haus – die dem Mann gehört, von ihm aber nicht bewohnt wird – kann er
von der Frau nach einer gewissen Übergangszeit Nutzungsentschädigung verlangen. Grundsätzlich können
wechselseitig bestehende Ansprüche gegeneinander aufgerechnet werden, wobei zu beachten ist, daß Kinderunterhalt ein
Anspruch des Kindes und nicht eines Ehegatten ist und somit nicht mit einem Anspruch eines Ehegatten verrechnet werden kann.
Der Teufel steckt im Detail; umfangreiche Rechtsprechung muß beachtet werden. Genaue Unterhaltsberechnungen sind
kompliziert und es gilt Formalien und Fristen zu beachten.
Wenn die Parteien sich scheiden lassen wollen, muß auch überlegt werden, was mit dem Haus passieren soll.
Naheliegend im Beispielsfall wäre, daß die Frau dem Mann dessen Miteigentumshälfte an dem Haus abzüglich
der hälftigen Restschulden abkauft und den Darlehensvertrag übernimmt. Was aber, wenn ihr dazu – auch
unter Berücksichtigung des bei der Scheidung durchzuführenden Zugewinnausgleichs – die finanziellen Mittel
fehlen? Möglich ist freilich – je nach den Wünschen und Möglichkeiten der Parteien – auch die
Übertragung der Immobilie auf die Kinder evtl. mit einem lebenslangen Nutzungsrecht (Nießbrauch) für einen
Ehegatten kombiniert mit Nutzungsentschädigung bzw. Miete für den anderen. Selbstverständlich könnte
das Haus auch verkauft werden und der Erlös abzgl. der Restschulden unter beiden Ehegatten geteilt werden.
Es gibt viele denkbare Möglichkeiten. Die schlechteste ist meist, wenn die Parteien sich nicht einig werden, und die Immobilie
dann auf Betreiben eines Ehegatten zwangsversteigert wird.
Aus meiner langjährigen Praxis heraus rate ich alles daran zu setzen, eine einvernehmliche Trennungs– bzw.
Scheidungsvereinbarung zu erarbeiten. Gerichtliche Auseinandersetzungen kosten sehr viel Nerven und Geld und dauern
oft unerträglich lange.
Mit den Parteien zusammen einvernehmliche interessengerechte – rechtlich verbindliche – und maßgeschneiderte
Vereinbarungen zu erarbeiten, die den Wünschen und Bedürfnissen der Parteien in ihrer besonderen Lebenssituation
gerecht werden, sollte das Bestreben jedes auf dem Familien_ und Scheidungsrecht tätigen Anwalts und Mediators sein.
Gerne können Sie die Verfasserin bundesweit kontaktieren.
|
|
|
Datum: 15.03.2017
Paritätisches Wechselmodell auf Anordnung des Familiengerichts
|
Wenn die Eltern sich trennen oder scheiden lassen, leben üblicherweise die gemeinsamen Kinder im Haushalt eines
Elternteils und der andere Elternteil hat das Recht, mit den Kindern zu bestimmten vereinbarten Zeiten Umgang zu haben.
Von diesem Modell - dem sog. Residenzmodell - ist der Gesetzgeber ausgegangen.
Möglich ist aber auch, daß die Eltern vereinbaren, daß die Kinder zur Hälfte im Haushalt der Mutter und zur
Hälfte beim Vater leben. Hierbei spricht man vom sog. paritätischen Wechselmodell.
Beim paritätischen Wechselmodell erbringen beide Elternteile in gleichem Maße Pflege- und Erziehungsleistungen
gegenüber den Kindern. Durch das paritätische Wechselmodell entstehen üblicherweise höhere
Unterhaltskosten der Kinder als beim Residenzmodell, beispielsweise zusätzliche Wohn– und Fahrtkosten sowie
Mehrkosten durch doppelte Wohnungseinrichtung, Ausstattung mit Kleidung und Spielsachen etc.
Die gesamten Unterhaltskosten für die Kinder müssen die Eltern sich teilen, wobei die von jedem Elternteil
zu tragende Quote von seinem Einkommen abhängt.
Bisher war es so, daß die Eltern das Wechselmodell untereinander vereinbaren und praktizieren konnten.
Neu ist nun, daß auch das Familiengericht das Wechselmodell im Einzelfall anordnen kann, wenn ein Ehepartner dies gerichtlich
beantragt.
Der u.a. für Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Februar 2017 entschieden,
daß das Wechselmodell anzuordnen ist, wenn die geteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich mit anderen
Betreuungsmodellen dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspricht,
Beschluß vom 01.02.2017 – XII ZB 601/15.
Ricarda Spiecker
Rechtsanwältin und Mediatorin
|
|
|
Datum: 21.06.2016
Der Bundesgerichtshof hat den Mieterschutz weiter gestärkt bei der Kappungsgrenze
|
Bislang war es so: Stand im Mietvertrag eine kleinere als die tatsächliche Wohnfläche der Mietwohnung, so
konnte der Vermieter das bei einem Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB gewissermaßen zu seinen Gunsten korrigieren
und bei seinem Erhöhungsverlangen als Ausgangsmiete zur Berechnung der Kappungsgrenze die fiktive Miete, errechnet
aus der tatsächlichen Wohnfläche mal dem bisherigen qm-Preis, ansetzen.
Eine Ausnahme galt nur, wenn die Wohnfläche tatsächlich nicht mehr als 10% größer als vertraglich angegeben
war.
Ein Beispiel: Im Mietvertrag steht eine Wohnfläche von 70 qm, tatsächlich ist die Wohnung - wie sich später
herausstellt - aber 90 qm groß.
Bisher wurde pro qm ein Mietzins von 7 Euro berechnet. Früher konnte der Vermieter nun bei seinem
Erhöhungsverlangen von einer Ausgangsmiete von 630 Euro ( 90 qm × 7 Euro) ausgehen, obgleich er
nur 490,00 ( 70 qm × 7 Euro) erhielt.
Die Kappungsgrenze liegt grundsätzlich bei 20% gem. § 558 Abs.3 BGB.
In obigem Beispiel hätte der Vermieter nach früherem Recht nun - unterstellt die sonstigen Voraussetzungen
lagen vor - die Miete um 126 Euro ( 630 Euro × 20%) erhühen können.
Von dieser Haltung ist der BGH nun in seiner Entscheidung vom 18.11.2015 - ZR 266/14 abgerückt.
In dieser Entscheidung führt der BGH aus:
(...) Für eine Mieterhöhung nach § 558 BGB kommt es deshalb nicht auf fiktive Verhältnisse,
sondern auf die für die tatsächliche Wohnungsgröße, maßgebliche Miete an, weil nach dem
gesetzgeberischen Regelungskonzept dieser Bestimmung, die es dem Vermieter ermöglichen soll, im Rahmen des
Vergleichsmietensystems eine angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen, allein die
(tatsächlichen) Gegebenheiten den Masstab für die Berechtigung einer Mieterhöhung bilden.
und weiter:
Somit ist dem Mieterhöhungsverlangen die tatsächliche Wohnfläche zu Grunde zu legen. Gleichzeitig -
und das ist neu (Anm. d. Verf.) - findet jedoch auch die Kappungsgrenze des
§ 558 III BGB Anwendung (...). Die Ausgangsmiete bestimmt sich nicht danach, wie sie möglicherweise - fiktiv -
hätte gebildet werden können. Maßgeblich ist vielmehr grundsätzlich nur ihr zum Vergleichsstichtag
tatsächlich geltender Betrag.
Dies bedeutet, daß beim Mieterhöhungsverlangen von der tatsächlichen Ausgangsmiete auszugehen ist,
ungeachtet deßen, ob der Vermieter ursprünglich - wegen einer tatsächlich größeren Wohnfläche
als vertraglich angenommen - eine höhere Miete hätte verlangen können.
In obigem Beispiel ist somit von einer Ausgangsmiete von 490,00 Euro auszugehen, so daß die Miete nur um 98 Euro
erhöht werden kann.
Für den BGH überwog nun letztlich der Vertrauensschutz des Mieters, der vor zu abrupten und zu gewaltigen
Mieterhöhungen gesetzlich geschützt werden sollte.
Vermietern ist anzuraten, die Wohnung vor Vertragsschluss korrekt zu vermessen, um etwaige Nachteile zu vermeiden.
Mietrecht ist eine komplizierte Rechtsmaterie, die meist frühzeitig anwaltliche Beratung unabdingbar macht.
|
|
|
Datum: 10.12.2015
Scheidung light oder Scheidung online?
|
Häufig ist es so, daß sich die Eheleute einig sind, daß sie geschieden werden wollen und daß es möglichst
wenig kosten und vielleicht auch noch schnell gehen soll.
Folgende Fallkonstellation tritt dann auf:
Die Parteien wollen sich einvernehmlich scheiden lassen, es gibt keine Streitpunkte zu sog. Scheidungsfolgen -
Geschiedenenunterhalt, Zugewinnausgleich und Hausrat - bzw. hinsichtlich der Scheidungsfolgen wollen beide Parteien
im Scheidungsverfahren keine Anträge stellen. Dann werden die Parteien (nur) geschieden und der Versorgungsausgleich
(Rente) wird von Amts wegen durchgeführt, d.h. die während der Ehezeit von beiden Eheleuten erworbenen
Rentenansprüche werden ausgeglichen. Es sind entweder keine gemeinsamen minderjährigen Kinder vorhanden
oder - im Hinblick auf die gemeinsamen minderjährigen Kinder - haben die Parteien alles schon selbst
geregelt, d.h. das bleibt bei Gericht außen vor.
In diesem Fall ist es möglich, daß sich nur einer der Ehepartner anwaltlich vertreten läßt, d.h. man spart
sich einen weiteren Anwalt. Die Parteien können dann beispielsweise untereinander vereinbaren, die Anwaltskosten zu
teilen. Die Gerichtskosten werden am Ende ohnehin halbiert.
Einige Anwaltskanzleien bieten die Scheidung online an. Dies bedeutet, daß die gesamte Kommunikation zwischen Mandant
und Kanzlei online, also auf elektronischem Weg erfolgt, und der Mandant zumeist seinen Anwalt/seine Anwältin
vor dem Scheidungstermin - zu dem die Parteien in jedem Fall persönlich erscheinen müssen - nicht zu
Gesicht bekommt.
Viele Menschen wollen Ihren Anwalt/Ihre Anwältin jedoch vor der Scheidung persönlich kennenlernen und
kein völlig anonymisiertes Verfahren. Auch wollen viele während des Scheidungsverfahrens oder im Vorfeld
auftretende rechtliche Fragen mit ihrer Anwältin telefonisch oder in einem persönlichen Gespräch
klären.
Dies alles geht in der Regelung bei der Online-scheidung nicht.
Die Scheidung light verbindet die Vorteile der automatisierten Verfahrensabläufe der Online-scheidung mit
dem persönlichen Kontakt des Mandanten zur Anwältin, wodurch erst eine Vertrauensbasis entstehen kann.
Bei der Scheidung light kann der Auftraggeber sich auf der Homepage der Anwältin ein entsprechendes Formular
sowie eine Scheidungsvollmacht herunterladen und sich informieren, welche Angaben und Unterlagen für die Scheidung
von ihm vorgelegt werden müssen. In der Regel erhält er auch weitere nützliche Hinweise zum Ablauf der
Scheidung.
Anschließend setzt er sich per Kontaktformular oder telefonisch mit der Anwältin in Verbindung. Je nach Wunsch des
Mandanten wird sodann ein Besprechungstermin in der Kanzlei der Anwältin vereinbart oder das Scheidungsverfahren
schriftlich vorbereitet. Die hier beauftragte Anwältin bleibt dem Mandanten bis zur Scheidung die einzige
Ansprechpartnerin und steht ihm auch für telefonische Rückfragen zur Verfügung.
Abschließend ist noch zu erwähnen, daß sich die Kosten einer Scheidung generell nach dem sog.
erfahrenswert richten, der sich wiederum bei einer einvernehmlichen Scheidung nur aus dem Wert für die
Scheidung selbst und dem Versorgungsausgleich zusammensetzt. Dabei ergibt sich eine weitere Kostenersparnis,
wenn nur ein Anwalt statt zwei Anwälten - wie bei einer streitigen Scheidung - bezahlt werden muß.
|
|
|
Datum: 17.08.2015
Fallen bei Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe:
|
Allgemein bekannt ist, daß man Prozesskostenhilfe (PKH) bzw. Verfahrenskostenhilfe (VKH) beantragen kann, wenn man
die Prozesskosten nicht aus eigenen Mitteln aufbringen kann. Sinn macht dies grundsätzlich dann, wenn das
verfügbare eigene Einkommen und Vermögen Sozialhilfe-Niveau nicht wesentlich übersteigt.
Welche Hürden müssen übersprungen werden? Zunächst müssen nach dem Gesetz folgende zwei
Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Das verfügbare Einkommen bzw. das einzusetzende Vermögen reichen nicht aus, um die Kosten der
Prozessführung aufzubringen.Bestimmte Belastungen und Schulden werden beim Einkommen berücksichtigt.
Beispiel: Eine alleinerziehende Mutter von drei minderjährigen, in ihrem Haushalt lebenden, Kindern verdient
monatlich 1.900,00 netto. Sie erhält monatlich insgesamt 558,00 Kindergeld, zahlt 535,00 Miete
und Raten
ab à 330,00 für einen Privatkredit. Der Frau wurde für ein Scheidungsverfahren antragsgemäß
VKH bewilligt, allerdings nur mit Raten. Dies bedeutet in ihrem Fall, daß sie die ihr voraussichtlich entstehenden
Prozesskosten in monatlichen Raten à 500,00 zurückzahlen muß.
Allerdings sind bei Bewilligung von VKH für den Bedürftigen die Kosten seines Anwalts geringer, da dieser
nur die geringeren VKH-Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz erhält.
Zu beachten ist aber, daß im Falle, daß der PKH-Antragsteller den Prozess verliert, er die Anwaltskosten auf der
Gegenseite - und diese sind nicht reduziert! - aus eigener Tasche zahlen muß.
In Scheidungsverfahren - und auch in vielen sonstigen familienrechtlichen Verfahren - erfolgt jedoch
regelmäßig Kostenaufhebung, was bedeutet, daß jede Partei seine eigenen Anwaltskosten trägt und die
Gerichtskosten halbiert werden.
2. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung muß hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten und darf
nicht mutwillig erscheinen.
Klar ist, daß querulatorische Prozesse auf Kosten der Steuerzahler vermieden werden sollen.
In Scheidungsverfahren und den meisten familienrechtlichen Verfahren wird hinreichende Erfolgsaussicht unterstellt.
Mutwillig ist ein Prozess, wenn eine nicht bedürftige Partei den Prozess - trotz Erfolgsaussichten -
nicht führen würde. Hier sind völlig unwirtschaftliche Prozesse gemeint.
Was viele nicht wissen:
3. PKH oder VKH wurde bewilligt, der Prozess ist abgeschlossen. Das bedeutet für die meisten: Aus den Augen,
aus dem Sinn! Aber Vorsicht: Der Staat kann die gezahlte PKH noch vier Jahre lang zurückfordern, wenn die
Einkommens-
und Vermögensverhältnisse des damals Bedürftigen sich nicht unwesentlich verbessert haben! Nachfragen
kommen hier in der Regel bei Personen, bei denen ein deutlicher Einkommens- oder Vermögenszuwachs erwartet wird.
Beispiel: Eine frisch gebackene Tierärztin bekam für einen Prozess vor dem Arbeitsgericht PKH.
Nach zwei Jahren forderte der Fiskus die PKH zurück, nachdem sich aus erneuten Einkommensermittlungen bei der
Betreffenden ergeben hatte, daß diese nun als Tierärztin deutlich mehr verdiente.
Und last but not least:
4. Wenn ein Antragsteller einen Unterhaltsanspruch hat - z.B. ein Kind gegen seine Eltern oder ein Ehegatte gegen den
anderen - so
muß er u.U. diesen Unterhaltsschuldner auf einen Prozesskostenvorschuß verklagen und bekommt keine PKH. Hier greift
der Grundsatz: Der Staat haftet nur subsidiär!
Wie Sie sehen, ist auch bei dem PKH- bzw. VKH-Verfahren einiges zu beachten. Sollte VKH oder PKH für Sie in Betracht
kommen, erkundigen Sie sich am Besten bei dem Anwalt/der Anwältin, den oder die sie in der Hauptsache beauftragen
wollen.
In Scheidungs- und familienrechtlichen Verfahren sowie vielen anderen Rechtsgebieten hilft Ihnen die Autorin gerne weiter.
|
|
|
Datum: 14.07.2015
Achtung vor Schnäppchenjägern bei Nachlass
|
Wittern Händler Schnäppchen bei privaten Haushaltsauflösungen, überraschen sie die Erben gerne mit
Spontanbesuchen und überrumpeln sie mit sofortigen Kaufangeboten, wobei sie häufig als Privatperson auftreten.
Grund: So werden schnell mal wertvolle antike Möbel für einen Apfel und ein Ei veräußert, bevor sich der Erbe über
den wahren Wert bewußt geworden ist, und bei Privatkäufen gilt nicht das zweiwöchige Widerrufsrecht wie bei
Haustürgeschäften nach BGB oder Onlinegeschäften nach dem Fernabsatzgesetz.
Folgender Fall:
Auf eine private Anzeige einer Erbin, daß sie Werkzeug aus einem Nachlaß verkaufe, meldete sich ein Mann.
Bei seinem anschließenden Besuch bei der Frau interessierte dieser sich nur für die antiken Möbel im Haus. Sofort bot
er für mehrere antike Möbel einen Gesamtbetrag von 2.500,00. Die überrumpelte Frau war zunächst froh, die Möbel der
verstorbenen Mutter los zu sein. Auf einen Schmierzettel listete sie grob die verkauften Möbel auf, schrieb darunter:
Kaufpreis 2.500,00. Anzahlung: 1.200,00. Der Käufer zahlte sofort 1.200,00 in bar. Später ärgerte sich die Frau,
daß sie sich überrumpeln lassen hatte und führte im Internet eine Ferneinschätzung der Möbel durch. Danach hatten die
Möbel einen Gesamtwert von mindestens 6.000,00.
Daraufhin übersandte die Frau dem Käufer einen Widerruf und eine
Anfechtung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung. Die Anzahlung zahlte sie per Scheck zurück.
Der Käufer klagte zunächst auf Herausgabe der Möbel. Als die Verkäuferin sich darauf berief, die Möbel nicht mehr zu haben,
stellte er seine Klage auf Schadensersatz in Höhe von 3.500,00 um.
Das Amtsgericht Wolfratshausen, vor dem die Parteien letztlich einen Vergleich schlossen, gab dem listigen Käufer Recht.
Die Richterin sagte: Der Schmierzettel sei rechtlich als gültiger Kaufvertrag anzusehen, wonach die aufgeführten Möbel zu
einem Kaufpreis von 2.500,00 verkauft wurden. Die Verkäuferin konnte nicht widerrufen, da es sich um einen Privatkauf
gehandelt habe. Eine Anfechtung des Kaufvertrages sei mangels Anfechtungsgrund ebenfalls nicht in Frage gekommen.
Dem Käufer sei ein Schaden in Höhe von 3.500,00 entstanden, da er für vergleichbare Möbel einen Kaufpreis
von 6.000,00 hätte zahlen müssen. Diesen Schaden müsse die Frau ersetzen. Es sei unerheblich, daß der Käufer die
Möbel nicht weiterveräußern wollte, ihm also kein Gewinn entgangen sei.
Es kann daher nur jedem geraten werden, sich bei Haushaltsauflösungen nicht überrumpeln zu lassen. Von einem schnell
geschlossenen Kaufvertrag kann man sich meist später nicht mehr lösen.
Im Zweifelsfall lieber vorher Rechtsrat einholen.
|
|
|
|
|
|
Wollen Sie, daß im Betreuungsfall
ein Fremder über Sie entscheidet ?
Sie im Fall einer unheilbaren Krankheit
oder Siechtum nicht selbst Ihr Lebensende
bestimmen dürfen ?
Wenn nicht, sollten Sie über
Vorsorgevollmacht
Patientenverfügung
Betreuungsverfügung
nachdenken.
Rechtsanwältin RICARDA SPIECKER
hilft Ihnen gerne bei der Abfassung oder
Überprüfung Ihrer Verfügungen und
erbrechtlichen Regelungen.
|
|